von Valentin Dinges | 08.04.2025 | 7 min Lesezeit
Disclaimer: Ich gehe hier davon aus, dass du nicht in akuter körperlicher oder seelischer Gefahr bist und deine grundlegenden Bedürfnisse erfüllt sind. Wenn du Opfer von struktureller gesellschaftlicher Diskriminierung oder Gewalt bist, können andere Aspekte, die nicht in diesem Artikel besprochen werden, wichtiger und hilfreicher sein.
Vielleicht kennst du diese Gedanken: Was ist die Methode, das Buch, der Mensch, der endlich all meine Probleme beendet, mir dauerhaftes Glück bringt und alles in Ordnung bringt? Ist es der nächste Ratgeber? Eine neue Begleitung im Coaching? Oder ist es Innere Kind Arbeit?
Die ehrliche Antwort ist: Nein – auch Innere Kind Arbeit ist nicht die eine Wunderlösung.
Und das ist kein Grund zur Enttäuschung. Ganz im Gegenteil.
Es gibt wunderbare Wege und Werkzeuge, die uns auf unserem inneren Weg begleiten und unterstützen können – Innere Kind Arbeit ist eines davon. Kraftvoll, unterstützend, tiefgehend. Aber: Kein Werkzeug dieser Welt wird dich „reparieren“ – weil du nicht kaputt bist. Es geht nicht ums Reparieren. Es geht ums Wachsen.
Was du tun kannst, ist: Schritt für Schritt in deine Rolle als liebender, fürsorglicher Erwachsener hineinzuwachsen.
Du kannst dich auf eine Reise begeben – mit Höhen und Tiefen, mit Erkenntnissen und Herausforderungen.
Du kannst lernen, was dir wirklich guttut. Und beginnen, alten Schmerz liebevoll zu halten und zu integrieren.
Und gleichzeitig erleben wir manchmal, dass sich durch die Arbeit mit dem inneren Kind sehr schnell etwas verändert: Plötzlich wird innerlich etwas klar. Wir geben den verschiedenen Anteilen in uns Raum, sich zu zeigen – und gehört zu werden. Was vorher Verwirrung im Kopf war, wird auf einmal verständlich. Das kann sehr erleichternd sein.
Und: Die wirkliche Integration neuer Verhaltensweisen und die Veränderung tiefer Muster brauchen Zeit, Zuwendung und Wiederholung. Es ist wie ein Baum, den du pflanzt: Du brauchst Geduld, Fürsorge, Licht und Wasser – und mit der Zeit entfaltet sich neues Leben.
Das heißt nicht, dass du den Schmerz, den du gerade spürst, ignorieren sollst. Im Gegenteil. Wenn du dich nach einem Ausweg sehnst, dann sei dir gewiss: Es gibt ihn. Nur sieht er vielleicht anders aus, als du dachtest.
Der Zen-Meister Thich Nhat Hanh sagte: „Der Weg hinaus führt hinein.“
Das bedeutet: Wir wenden uns unserem Inneren zu – mit Liebe, mit Mitgefühl, mit Präsenz. Dort beginnt echte Transformation. Dort entsteht Veränderung. Und oft spüren wir schon auf dem Weg dorthin Erleichterung – wir müssen nicht erst „fertig entwickelt“ sein, um wieder aufatmen zu können.
Was ist eigentlich so unerträglich an uns selbst, dass wir meinen, wir müssten es verstecken, verändern oder wegbekommen?
Oft ist dieser Drang, „uns zu reparieren“, eine alte Überlebensstrategie. Ein innerer Perfektionismus, geboren aus Scham, Angst oder früheren Erfahrungen.
In seinem Buch „Komplexe PTBS“ beschreibt Pete Walker, wie sich Perfektionismus bei Kindern in schwierigen Situationen als Schutz entwickelt:
Wenn wir als Kinder nicht die Liebe, Sicherheit oder Geborgenheit bekamen, die wir gebraucht hätten, konnten wir diesen Schmerz nicht allein tragen. Also begannen wir, zu glauben: Wenn ich nur besser bin, mich mehr anstrenge, alles richtig mache – dann werde ich geliebt, dann bin ich sicher.
Das half uns damals vielleicht, irgendwie durchzukommen. Heute aber führt uns dieser innere Druck in Erschöpfung, Leere, Angst oder Schmerz.
Und dieser Perfektionismus zeigt sich nicht nur im Alltag – sondern auch auf unserem Entwicklungsweg.
Vielleicht kennst du den Gedanken: Ich muss Innere Kind Arbeit „richtig“ machen.
Doch das ist ein Irrweg. Es gibt keine perfekte Innere Kind Arbeit. Es gibt nur Menschen, die sich immer wieder neu entscheiden, liebevoll mit sich selbst zu sein.
In der Inneren Kind Arbeit nach Drs. Margaret Paul und Erica Chopich (Inner Bonding) spielt unsere innere Ausrichtung – unsere Intention – eine zentrale Rolle.
Wir können bewusst wählen, aus welchem inneren Ort heraus wir handeln möchten:
Wollen wir weiter aus Angst, Kontrolle oder Selbstschutz agieren – oder öffnen wir uns für eine innere Haltung des Lernens, der Entwicklung und Akzeptanz?
Wenn wir Letzteres wählen, sagen wir: Ich möchte verstehen, was mir wirklich guttut. Ich möchte mit dem Leben in Kontakt sein – so wie es ist.
Und wir lassen los, was wir sowieso nie festhalten konnten: Kontrolle über das Leben.
Was wir in diesem Prozess finden, ist oft viel kostbarer als das, was unsere perfektionistische Stimme sich je erträumen konnte.
Es ist nicht der kurze, euphorische Moment, in dem wir denken: Jetzt habe ich’s geschafft!
Es ist etwas Tieferes. Eine stille Verbindung mit Wohlwollen. Mit Annahme. Mit innerem Frieden.
Transformation fühlt sich oft nicht dramatisch an. Sondern wie das Herausziehen eines alten, vergessenen Splitters:
Ein stilles Aufatmen. Eine tiefe Erleichterung.
Etwas, das weit über jede Rettungsfantasie hinausgeht.
Wachstum lädt uns ein, das Leben zu umarmen, wie es ist:
Unordentlich, berührend, herausfordernd, lebendig. Schmerzhaft und schön zugleich.
Und gerade dadurch entsteht ein Gefühl von Freiheit, Weite und Verbundenheit, das wir nie erreichen können, solange wir uns selbst verändern „müssen“.
Ich lade dich ein:
Beobachte deine Sehnsucht nach schnellen Lösungen. Schau nach, wie sie sich auf deine Gefühle auswirkt. Wie geht es dir damit?
Umarme dich selbst in deiner Menschlichkeit – unperfekt, berührbar, lebendig.
Und geh deinen Weg in deinem Tempo, mit liebevoller Begleitung – Schritt für Schritt.
Illustrationen (c) Valentin Dinges.
ich bin Valentin Dinges, studierter Ingenieur, Facilitator für Innere-Kind-Arbeit nach Dr. Margaret Paul, Coach und Trainer für Gewaltfreie Kommunikation.
Ich unterstütze Sie dabei, wieder klarer zu sehen und Ihre Gefühle zu verstehen und einzuordnen.
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Mein Inneres Kind Coaching kann Ihnen neue Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen und Ihnen Impulse für Ihre persönliche Entwicklung geben. Ich gebe kein Heilversprechen, ich behandle und diagnostiziere keine Symptome oder Krankheitsbilder, denn ich bin kein Therapeut oder Arzt. Unsere gemeinsame Arbeit ergänzt, aber ersetzt nicht den Besuch bei einem Arzt oder einer Ärztin oder einer Therapeutin. Bei körperlichen Beschwerden sollten Sie eine organische Ursache immer abklären lassen.
Ich benutze weibliche und männliche Personenbezeichnungen abwechselnd.
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(c) Valentin Dinges, 2024.
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